„Liest“ man die konstruktive Geometrie des Gerüstes als technische Fortsetzung der Renaissance, die in der klaren perspektivischen Quadratur des Kirchenbodens gegeben ist, so stößt man in der Gewölbearchitektur und -malerei auf die barocke Dynamik des anamorphotischen „Scheins“ als historisches Gegenkonzept. Kaum deutlicher kann das geometrisch-konstruktive Paradigma der Renaissance, das sich einerseits in unserer Technik (als Erbin des mechanistischen „Weltbildes“) und andererseits im Medium der Photographie (Erbin der geometrischen Perspektivkonstruktion) fortsetzt, aber durch das Illusionsspiel des Barock „relativiert“ wurde, zum Ausdruck kommen. Für den Barock-Künstler war die Wirklichkeit nur mehr eine Frage der Sichtweise – analog zur Tatsache, dass die Sichtweise des Photographen erst die Wirklichkeit hervorbringt!
Erwin Fiala, No Plastic, Graz 2012, S.30
http://www.styrianart.at/st_art/cms/upload/dokumente/ausstellungskatalog2011.pdf